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Syrische Rebellen sagen, sie hätten eine Invasion in Damaskus gestartet. Die Aufständischen seien in der Nacht zum Sonntag in die syrische Hauptstadt eingedrungen, bestätigte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel-Rahman. Ihm zufolge zogen sich die syrische Armee und die Sicherheitskräfte vom Flughafen der Hauptstadt zurück. Die Regierung bestritt jedoch, dass Machthaber Baschar al-Assad Damaskus bereits verlassen habe.
Die islamistische Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) meldete am Sonntag auf dem Onlinedienst Telegram, dass sie in Damaskus einmarschiere. In einer Erklärung erklärten die Rebellen: „Wir feiern mit dem syrischen Volk die Nachricht von der Freilassung unserer Gefangenen, der Lockerung ihrer Ketten und dem Ende der Ära der Ungerechtigkeit im Sednaya-Gefängnis.“ Das berüchtigte Militärgefängnis am Stadtrand von Damaskus gilt als Symbol der Unterdrückung unter Präsident Assad. Einwohner von Damaskus sagten der Nachrichtenagentur AFP, sie hätten in der Stadt Schüsse gehört.
Berichten zufolge näherten sich am Wochenende verschiedene Rebellengruppen aus dem Süden und Norden der Hauptstadt und umzingelten sie. Am Samstag erklärten die Rebellen, sie hätten die strategisch wichtige Stadt Homs übernommen.
Experte: Der Sturz der Regierung ist nur eine Frage der Zeit
Der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), Rami Abdel-Rahman, sagte, er glaube, dass der Sturz der Regierung nur eine Frage der Zeit sei. Das SOHR hat seinen Sitz in Großbritannien und greift auf ein Netzwerk von Informanten in Syrien zurück. Ihre Angaben sind schwer zu überprüfen.
Unterdessen versuchten die Regierungstruppen, Spekulationen über eine baldige Einnahme von Damaskus entgegenzuwirken. Der syrische Innenminister Mohammed Al-Rahmoun sagte dem Staatsfernsehen, es gebe einen „sehr starken Sicherheitsring am Stadtrand von Damaskus“, den niemand durchbrechen könne. Auch das Verteidigungsministerium dementierte den Fall Homs. „Die Situation ist sicher und stabil. Unsere Streitkräfte sind auf soliden Verteidigungslinien rund um die Stadt positioniert“, hieß es in einer Erklärung.
Nach Angaben von Aktivisten waren Orte rund um Damaskus bereits umzingelt. Berichten zufolge verließen syrische Soldaten in Scharen das Land. Am Samstag drangen Aufständische unter Führung der islamistischen Allianz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) nach eigenen Angaben in Homs ein. Augenzeugen zufolge strömten Tausende Einwohner auf die Straße, feierten und riefen „Assad ist weg, Homs ist frei“ und „Lang lebe Syrien und nieder mit Bashar al-Assad“. Homs ist die wichtigste Stadt in Zentralsyrien und ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für die Anbindung an die Hauptstadt Damaskus und die Küste.
Hisbollah zieht Kämpfer aus Homs und den Außenbezirken von Damaskus ab
Auch die libanesische Hisbollah, die mit der syrischen Regierung verbündet ist, zog nach Angaben der Milizen ihre Kämpfer aus Homs und den Randgebieten der Hauptstadt Damaskus ab. Einige von ihnen sollten nach Latakia in Syrien gehen, andere in die Hermel-Region im Libanon. Auch Hisbollah-Kämpfer evakuierten ihre Stellungen rund um Damaskus.
Die drittgrößte Stadt Syriens liegt zwischen Aleppo im Norden und Damaskus im Süden. Es befindet sich zudem in einer strategisch wichtigen Lage zwischen den Küstenhochburgen der Assad-Regierung und Damaskus. Latakia und Tartus sind auch die Hochburgen der Regierungstruppen an der Küste. In der Nähe von Tartus gibt es auch einen Stützpunkt der syrischen Marine, der auch einen Stützpunkt der russischen Armee beherbergt. Russland ist neben dem Iran Assads engster staatlicher Verbündeter.
Mit der Einnahme von Homs hätten die Islamisten nun einen freien Weg von Norden in die rund 160 Kilometer entfernte Hauptstadt. Berichten zufolge haben die Einwohner von Damaskus Angst vor der Ankunft der Rebellen. Gut informierte Quellen sagten, viele Familien hätten ihre Häuser bereits verlassen und seien in den Libanon gereist.
Rebellen schließen Einsatz chemischer Waffen aus
Während die Aufständischen immer mehr Gebiete erobern, verlassen syrische Soldaten offenbar in Scharen das Land. Der Irak habe mehr als 1.000 Soldaten aus dem Nachbarland willkommen geheißen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur INA. Der katarische Nachrichtensender Al Jazeera zitierte einen irakischen Regierungssprecher mit den Worten, 2.000 syrische Soldaten seien bereits mit voller Ausrüstung in den Irak gekommen.
Unterdessen versuchte das islamistische Bündnis HTS, Befürchtungen zu zerstreuen, dass es bei einem Sturz der syrischen Regierung auf sein Chemiewaffenarsenal zurückgreifen könnte – und schloss den Einsatz von Chemiewaffen aus. Ziel sei ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Chemiewaffenarsenal der syrischen Regierung, heißt es in einer Stellungnahme von HTS. Menschenrechtler werfen Präsident Assad vor, wiederholt Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt zu haben. Auch der Anführer der HTS, Abu Mohammed al-Golani, rief seine Kämpfer in einer Videobotschaft dazu auf, denjenigen, die ihre Waffen niedergelegt hatten, kein Leid zuzufügen.
Der Bürgerkrieg in Syrien begann 2011 mit Protesten gegen die Regierung. Die Spirale der Gewalt führte zu einem Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung, in dem Russland, Iran, die Türkei und die USA ihre eigenen Interessen verfolgten. Rund 14 Millionen Menschen wurden vertrieben. Nach UN-Schätzungen kamen bisher mehr als 300.000 Zivilisten ums Leben. Eine politische Lösung zeichnete sich bis vor Kurzem nicht ab. Am 27. November brach der Bürgerkrieg in Syrien mit der HTS-Offensive plötzlich erneut aus. Innerhalb kurzer Zeit übernahmen die Aufständischen weitgehend kampflos die Kontrolle über viele Orte, darunter Aleppo und Hama.
UN befürchtet bis zu 1,5 Millionen Flüchtlinge
Aufgrund der Kämpfe in Syrien rechnen die Vereinten Nationen mit bis zu 1,5 Millionen neuen Flüchtlingen. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden seit dem erneuten Ausbruch des Bürgerkriegs mindestens 370.000 Menschen vertrieben. „Die meisten Vertriebenen sind Frauen und Kinder. Unsere Kollegen aus der humanitären Hilfe berichten uns, dass inzwischen Zehntausende Menschen im Nordosten Syriens angekommen sind“, sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric am Freitag in New York.
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