Handelsdeal – EU-Kommission und Südamerikaner einig

Handelsdeal – EU-Kommission und Südamerikaner einig

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In Montevideo wurde eine Einigung bekannt gegeben © APA/AFP/EITAN ABRAMOVICH

Trotz anhaltender Bedenken von Ländern wie Frankreich, Italien, Polen und Österreich hat die EU-Kommission die Verhandlungen über eine riesige Freihandelszone mit dem südamerikanischen Bündnis Mercosur abgeschlossen. Das gab Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag nach einer abschließenden Gesprächsrunde mit Spitzenvertretern der Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay bekannt.

Die Verhandlungen erstreckten sich über einen Zeitraum von fast einem Vierteljahrhundert. „Diese Vereinbarung ist ein Sieg für Europa“, sagte von der Leyen in Uruguays Hauptstadt Montevideo. Es wird für Menschen und Unternehmen funktionieren und mehr Arbeitsplätze, mehr Auswahl und Wohlstand schaffen. „Unternehmen profitieren von niedrigeren Zöllen und vereinfachten Verfahren“, sagte von der Leyen.

Auch Vertreter des Wirtschaftsbündnisses Mercosur betonten die Chancen, die das Abkommen für den Ausbau der Handelsbeziehungen biete. „Es ist keine magische Lösung, aber es ist eine Chance“, sagte Uruguays Präsident Luis Lacalle Pou.

Österreichs Industrie dafür, die Landwirtschaft dagegen

Die ablehnende Haltung Österreichs zum Mercosur-Abkommen ist aufgrund eines Vetos im Nationalrat seit 2019 eingefroren. Der Text des Handelsabkommens ist noch nicht öffentlich. „Zu den Inhalten liegen derzeit keine schriftlichen Informationen seitens der EU-Kommission vor. „Wir müssen das abwarten, um eine seriöse Einschätzung vornehmen zu können“, sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) in einer Pressemitteilung.

Neben dem ÖVP-Bauernverband äußerten sich zuletzt auch SPÖ, FPÖ und Grüne sowie die Landwirtschaftskammer kritisch, ebenso Umweltschutz-NGOs. Die vom ÖVP-Wirtschaftsbund kontrollierte Wirtschaftskammer (WKÖ) und die Industriellenvereinigung (IV) verweisen auf die Chancen des Handelsabkommens. Die NEOS sind dafür. Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaft sprechen sich dagegen aus.

Felbermayr: „Viele sehr gute Gründe“ für Vereinbarungen

Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr verwies in „ZIB2“ auf „die großen wirtschaftlichen Vorteile“ des Mercosur-Handelsabkommens. „Es gibt viele sehr gute Gründe für den Abschluss des Abkommens“, sagte der Wifo-Chef. Der Abbau der Zölle in den vier Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) sei „ein großes Versprechen“ für die europäische und österreichische Industrie. In den letzten fünf Jahren wurden Lösungen ausgehandelt, um die Sorgen europäischer Landwirte, beispielsweise in den Bereichen Rindfleisch oder Eier, zu lindern.

Sobald der neu ausgehandelte Vertragstext vorliegt, hofft der Wifo-Chef, dass die Regierungen in Paris, Rom und Wien ihr Vorgehen überdenken. „Die Kommission hat alles Mögliche getan. Jede Vereinbarung ist ein Kompromiss.“ Er hofft auf „den gesunden Menschenverstand aller“. Felbermayr räumt der Einigung eine „hohe Chance“ ein, dass es zustande kommt.

Eine „Aufspaltung“ des Vertrags könnte rechtliche Risiken bergen

Zuletzt machte vor allem Deutschland Druck darauf, dass die Verhandlungen endlich abgeschlossen und der Vertragstext den EU-Staaten zur Abstimmung vorgelegt werde. Deutschland setzt darauf, dass der handelspolitische Teil durch Mehrheitsbeschluss im Rat der Mitgliedstaaten entschieden werden könne. Den Mitgliedstaaten bliebe dann lediglich ein Vetorecht gegen die geplanten Vereinbarungen zum politischen Dialog und zur politischen Zusammenarbeit. Allerdings könnte eine solche „Aufspaltung“ des Vertrags rechtliche Risiken bergen.

In deutschen Regierungskreisen hieß es, man könne den Kernhandelsregeln im Schnellverfahren Vorrang einräumen. Dafür wäre dann eine einfache Mehrheit der EU-Vertreter im Parlament und eine qualifizierte Mehrheit der EU-Länder erforderlich. Das bedeutet, dass mindestens 15 EU-Länder dafür sein müssten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Um das Vorgehen zu blockieren, bräuchte es mindestens vier EU-Staaten mit insgesamt mehr als 35 Prozent der EU-Bevölkerung. Die Abstimmung darüber soll im Sommer 2025 stattfinden. Weitere politische Vereinbarungen zwischen beiden Seiten würden dann gekündigt. Dazu gehören unter anderem neue Regeln für grenzüberschreitende Investitionen. Diese müssen voraussichtlich in den nationalen Parlamenten aller 27 EU-Mitgliedstaaten bestätigt werden.

Frankreich reagierte verhalten auf die angekündigte Einigung auf ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten. „Was in Montevideo passiert, ist keine Unterzeichnung des Abkommens, sondern lediglich der politische Abschluss der Verhandlungen“, sagte Außenhandelsministerin Sophie Primas am Freitag in Paris. „Dies verpflichtet nur die Kommission, nicht die Mitgliedstaaten.“

Eine der größten Freihandelszonen der Welt

Durch das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten würde eine der weltweit größten Freihandelszonen mit mehr als 700 Millionen Einwohnern entstehen. Sie sieht vor allem vor, die Zölle zu senken und so den Handel anzukurbeln.

Handelspolitiker sehen in der geplanten Einigung auch eine Botschaft an den künftigen US-Präsidenten Donald Trump und einen wichtigen Schritt im Wettbewerb mit China. Ziel ist es, Trump zu zeigen, dass funktionierende Freihandelsabkommen langfristig besser für die heimische Wirtschaft sind, als Märkte durch neue Zölle und andere Handelshemmnisse abzuschotten.

Eine erste grundsätzliche Einigung wurde bereits 2019 erzielt

Im Hinblick auf China gilt als sicher, dass sich die Mercosur-Staaten bei einem Scheitern des Abkommens wirtschaftlich noch stärker an die Volksrepublik wenden würden.

Im Sommer 2019 kam es tatsächlich zu einer ersten politischen Grundsatzeinigung über die Errichtung der Freihandelszone zwischen der EU und dem Mercosur. Allerdings wurde das Abkommen dann von mehreren EU-Staaten wie Frankreich, Polen und Österreich erneut in Frage gestellt Es waren Jahre der Nachverhandlungen.

Viele Unterstützer und Kritiker

Kritiker befürchten, dass europäische Landwirte künftig in einen gnadenlosen Preiskampf geraten und gleichzeitig die Zerstörung des Regenwaldes in Südamerika vorantreiben werden. Die EU-Kommission und die Bundesregierung weisen die Vorwürfe jedoch als unberechtigt zurück und betonen, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile deutlich überwiegen.

Es wird betont, dass nur Produkte in die EU importiert werden dürfen, die den umfangreichen europäischen Vorschriften entsprechen. Gleichzeitig wird geschätzt, dass Unternehmen in der EU jedes Jahr mehrere Milliarden Euro an Zöllen einsparen könnten.

Im vergangenen Jahr wurden Waren im Wert von rund 56 Milliarden Euro aus der EU in diese vier Mercosur-Staaten exportiert; in der Gegenrichtung lag das Exportvolumen bei rund 54 Milliarden Euro. Nach Angaben der EU könnten insgesamt 60.500 europäische Unternehmen von den geplanten Freihandelsabkommen profitieren.

Vetomöglichkeit könnte umgangen werden

Nach Abschluss der Verhandlungen müssen die Vertragstexte noch juristisch geprüft und in die Sprachen der Vertragsstaaten übersetzt werden. Anschließend muss die EU-Kommission entscheiden, ob sie den Mitgliedsstaaten als Ganzes oder in zwei Teilen zur Abstimmung vorgelegt wird. Das Europäische Parlament müsste auf jeden Fall zustimmen. Mit einer Entscheidung ist frühestens in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres zu rechnen.

Es ist unwahrscheinlich, dass das Abkommen umgesetzt werden kann, selbst wenn es den nationalen Parlamenten zur Zustimmung vorgelegt werden muss, insbesondere aufgrund der Proteste der Landwirte in Frankreich. Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte am Donnerstag, dass das Abkommen in seiner jetzigen Form inakzeptabel sei. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni teilte mit, dass die Bedingungen für die Einigung derzeit nicht erfüllt seien.

In Deutschland gibt es jedoch breite Unterstützung. Politiker von SPD, CDU/CSU und FDP signalisierten jüngst ihre Zustimmung im Bundestag. Auch Regierungspolitiker wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) befürworten den Abschluss des Abkommens.

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