Was macht eigentlich die Landeshauptleute-Konferenz? 

Was macht eigentlich die Landeshauptleute-Konferenz? 

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Die Landeshauptmannkonferenz hat keine rechtliche Legitimität, der Ausschuss hingegen schon viel Macht zugeschrieben. Richtig so?

Seit 1. Jänner ist Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) die wohl mächtigste Politikerin Österreichs. Niederösterreichs Landeshauptmann hat für sechs Monate – inklusive Übergabezeremonie – den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz von ihrem Kärntner Kollegen Peter Kaiser (SPÖ) übernommen. Was etwas seltsam erscheint, da das Komitee offiziell nicht existiert.

Nun lässt sich der Pröll-Erbin ein gewisses Geltungsgefühl nicht absprechen, und auch ihre männlichen Kollegen stellen sich der eigenen Wählerschaft gerne als heldenhafte Verteidiger regionaler Interessen gegenüber der Bundespolitik dar. Doch die LH-Konferenz ist tatsächlich mehr als nur eine Inszenierung. Wünschen Sie ein Beispiel?

Rückblende auf den 18. November 2021: Eine Corona-Welle bringt Krankenhäuser in mehreren Bundesländern an ihre Kapazitätsgrenzen. Der damalige Vorsitzende der LH-Tagung, Günther Platter (ÖVP), versammelte das Gremium am Achensee in Tirol, vier kamen persönlich und drei schalteten digital zu. Die Lage ist ernst, auch der damalige Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) haben ihre Anwesenheit bei den Beratungen am Folgetag angekündigt. Doch nach einer langen Nacht und vor dem Eintreffen der Bundespolitiker fällt die LH-Konferenz einstimmig einen Beschluss: Es braucht eine Corona-Impfpflicht und einen bundesweiten, dritten Lockdown.

Landespolitiker, die Bundesgesetze diktieren

Erst kürzlich wurde der Vorgang in einer von der Bundesregierung beauftragten Analyse der Akademie der Wissenschaften kritisch beleuchtet – neben vielen anderen Entscheidungen in der Pandemie.

Auch wenn die Beteiligten darauf verweisen, dass die Impfpflicht zwar gesetzlich umgesetzt, aber nie wirksam geworden sei und auch eine Reihe flankierender Maßnahmen geplant seien – eine größere Machtdemonstration als diese habe es in der jüngeren Vergangenheit nicht gegeben. Landespolitiker, die Bundesgesetze diktieren, besonders von so großer Bedeutung? Wie ist das möglich? Mehr noch, wenn Landesgouverneure tatsächlich per Gesetz den Weisungen des Bundes unterliegen?

Fragen wir Peter Bußjäger, Verfassungsrechtler und Experte der LH-Tagung: „Generell vertritt sie die Interessen der Länder gegenüber dem Bund.“ Aber das Komitee hat sich verändert.“ Bußjäger schrieb 2003 über „Macht im Schatten“ und stellte die Arbeit der LH-Konferenz vor allem in den Hintergrund. Zehn Jahre später nannte er es „Power in the Sun“ und geriet damit ins Rampenlicht. Und heute? „Die Macht der LH-Konferenz hängt auch von der politischen Macht des Bundeskanzlers ab.“ Unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hätten auch die VP-Landeshauptleute wenig Spielraum für Machtdemonstrationen gehabt, sagt Bußjäger.

Politisches Machtvakuum

Dies erklärt teilweise die Ereignisse am Achensee: Sebastian Kurz war erst wenige Wochen zuvor als Bundeskanzler zurückgetreten, sein Nachfolger Schallenberg war eine Übergangslösung und Gesundheitsminister Mückstein ein politischer Neuling. Es herrschte also nicht nur der Ausnahmezustand wegen der Pandemie, sondern auch ein politisches Machtvakuum.

Für Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser liegt die Bedeutung der LH-Konferenz nicht in der Macht: „Ich würde nicht von Macht sprechen, sondern von einer klaren Position der Länder und das ist vielleicht das Besondere daran: Egal welche Hautfarbe man hat, Normalerweise gibt es keine Schreibunterlage, die zwischen den Gouverneuren der einzelnen Bundesstaaten passt. Auch weil es das unausgesprochene Prinzip der Einstimmigkeit gibt.“

Die Sache mit dem Löschpapier stimmt nicht immer ganz – und natürlich stimmen sich die Landeschefs von ÖVP und SPÖ im Vorfeld untereinander ab. Auch die Tatsache, dass die SPÖ im Bund in der Opposition ist und der Juniorpartner in der Regierung, die Grünen, keinen Landeshauptmann hat, wirkt sich auf das Machtgefüge aus. Für Bußjäger war die Macht der LH-Konferenz in Zeiten der Großen Koalition am höchsten, da SPÖ und ÖVP auch alle Landeshauptleute (mit Ausnahme von Kärnten) stellten. Sie konnten Druck auf die Bundesparteien ausüben, wenn ihnen etwas nicht gefiel. Ein Seinichspiel: Die jahrzehntelange Diskussion um die Schulverwaltung und die Frage, ob das Prinzip von Bundeslehrern (an weiterführenden Schulen) und Landeslehrern (an Pflichtschulen) zugunsten der Bundes- oder Landesverwaltung umgewandelt werden sollte. Legendär wurde die Achse des ehemaligen Wiener Bürgermeisters Michael Häupl (SPÖ) und Mikl-Leitners Vorgänger Erwin Pröll (ÖVP), die oft Staatsinteressen über Parteiinteressen stellten.

Vetomacht ist stärker als Durchsetzungsvermögen

Auf die Frage, was die LH-Konferenz heute bewirken kann, sagt Kaiser: „Manchmal können wir die Entscheidungen der Bundesregierung verbessern oder verfeinern.“ Der neutrale Beobachter Bußjäger sieht das so: „Das Vetorecht der Landeshauptleute ist stärker als ihr positives Durchsetzungsvermögen.“ „Sie können also die Vorhaben der Bundesregierung ablehnen, anstatt ihre genauen Positionen durchzusetzen“, siehe das Beispiel der Schulverwaltung. Oder aktuell: der Finanzausgleich, der die Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund und Ländern regelt. Es wurde letztes Jahr nach einem langen Tauziehen und einer außergewöhnlichen LH-Konferenz besiegelt. Die Länder wollten mehr Geld, als ihnen Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) geben wollte; Letztlich sei es ein Kompromiss gewesen, den Kaiser „sowohl mit lachenden als auch mit weinenden Augen“ sieht. Obwohl die Staaten mehr für „dynamische Ausgaben“ wie Pflege und Grundschulbildung erhalten, ändert sich der Verteilungsschlüssel nicht zu ihren Gunsten.

Die konkrete Umsetzung des Finanzausgleichs hat Mikl-Leitner von Kaiser übernommen, ihre weiteren Schwerpunkte sind nicht die großen Brüller (Ehrenamt, Kreditinstitute, Immobilienfinanzierungsregulierung) oder Wahltaktik, sondern Europa: Kurz vor dem Ende ihres Vorsitzes, im Juni Am 9. finden die EU-Wahlen statt. So auch ihr Generalmotto für die Präsidentschaft: „Aus Verantwortung für Österreich.“ „An einem Strang ziehen“ – daran lässt Mikl-Leitner kaum Zweifel. Sie bereitet sich darauf vor, die Interessen des Landes gegenüber der EU zu verteidigen; diese müssen „im Einklang mit dem Geist“ sein in Entwicklungsregionen“ sei ihr Ziel, „dass die EU mehr leistet und weniger standardisiert“.

Wir gegen die EU, aber das war nicht immer so. Experte Bußjäger sieht den weitreichendsten Beschluss der LH-Konferenz der letzten Jahrzehnte nicht in der Corona-Impfpflicht, sondern vielmehr in einer Unterstützung für den EU-Beitritt Österreichs: „Ohne Länder wäre Österreich der EU nicht beigetreten.“ Die Volksabstimmung von 1994 stimmte nur deshalb für den Beitritt, weil die Landeshauptleute dafür waren, wenn auch nicht alle mit der gleichen Vehemenz.“ Die Macht der Landeshauptleute kann auch Gutes bewirken.


In der Serie „Was macht ein… eigentlich?“ Jasmin Bürger beschreibt alle zwei Wochen die Kontrollzentren der Republik. Alle Texte finden Sie in deren Autorenporträt.

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